Warum ich bei meinen Aktien Wurzeln schlagen lasse
Wir Menschen haben oft eine starke Verbindung zu Dingen, die uns vertraut sind. Dieses Gefühl von „Zuhause“ beeinflusst nicht nur unseren Alltag, sondern auch, wie wir investieren. Viele von uns kaufen Aktien von Unternehmen, deren Produkte wir nutzen, oder von Firmen, die in der eigenen Region ansässig sind. Es fühlt sich gut an, einen kleinen Anteil an etwas zu besitzen, das man kennt und schätzt. Doch was passiert, wenn diese Verbindung uns blind macht?
1. Vertrautheit durch den Alltag
Als ich mit dem Investieren begann, war die Börse ein großes Fragezeichen. Wo fängt man an? Die Antwort war für mich klar: bei den Unternehmen, deren Produkte ich täglich sehe und benutze. Bayer war eines davon. Aspirin steht in fast jeder Hausapotheke, und als deutsches Traditionsunternehmen wirkte Bayer wie ein Fels in der Brandung. Es ist leicht, sich mit solchen Unternehmen zu identifizieren, besonders wenn man aus Regionen wie Leverkusen stammt, wo Bayer eine zentrale Rolle spielt.
2. Die Bayer-Geschichte: Ein Warnsignal für emotionale Investments
Vor der Übernahme von Monsanto im Jahr 2018 war Bayer eine beliebte Aktie. Der Kurs lag bei etwa 100 Euro, und die Dividenden waren solide. Für viele Anleger – darunter wahrscheinlich auch Mitarbeiter des Konzerns oder Menschen aus Leverkusen – schien Bayer eine sichere und langfristige Investition zu sein.
Doch mit der Übernahme von Monsanto änderte sich alles. Plötzlich sah sich Bayer mit Milliardenklagen in den USA konfrontiert, die den Kurs der Aktie einbrechen ließen. Heute steht die Aktie bei knapp über 20 Euro, und die Dividende wurde deutlich reduziert. Für viele Anleger bedeutete das: massive Verluste.
Besonders hart traf es diejenigen, die eng mit dem Unternehmen verbunden waren – emotional oder beruflich. Mitarbeiter, die über viele Jahre Bayer-Aktien gehalten hatten, sahen ihre Altersvorsorge dahinschmelzen. Einige gerieten in Panik und verkauften, um zumindest einen Teil ihres Kapitals zu retten. Doch genau hier liegt das Problem: Wer in Panik verkauft, realisiert seine Verluste und verpasst möglicherweise eine spätere Erholung.
Ich selbst habe erst nach diesem Debakel in Bayer investiert, weil ich daran glaube, dass das Unternehmen sich wieder erholen wird. Doch für viele andere war der emotionale Schaden bereits angerichtet.
3. Was man daraus lernen kann
Die Geschichte von Bayer zeigt, wie wichtig es ist, einen kühlen Kopf zu bewahren – selbst wenn es schwerfällt. Wer emotional stark an ein Unternehmen gebunden ist, sei es durch die eigene Region oder den Arbeitsplatz, neigt dazu, Risiken zu unterschätzen. Und wenn es dann zu einer Krise kommt, ist die Versuchung groß, in Panik zu verkaufen.
Doch genau das ist oft der falsche Weg. Verluste sind erst real, wenn man verkauft oder das Unternehmen komplett über den Jordan geht. Wer die Nerven bewahrt und langfristig denkt, hat die Chance, dass sich das Investment wieder erholt. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, aber genau hier liegt der Schlüssel zu einem erfolgreichen Umgang mit Krisen.
4. Die Balance finden
Heute versuche ich, meine Investments möglichst rational zu betrachten – auch wenn ich gerne in Unternehmen investiere, die mir emotional etwas bedeuten. Bayer ist für mich ein Beispiel dafür, dass auch bekannte und vertraute Unternehmen kritisch geprüft werden müssen. Gleichzeitig zeigt es, wie wichtig es ist, ein breit gestreutes Portfolio zu haben. So kann man Rückschläge bei einzelnen Aktien besser verkraften, ohne in Panik zu geraten.
Oder man lässt gleich die Finger von Unternehmen zu denen man eine emotionale Verbindung aufgebaut hat. Es gibt einige Investoren die kein Kapital in das Unternehmen investieren, für das sie selber arbeiten. Einfach aus dem Grund das sie fürchten nicht rechtzeitig die Reissleine zu ziehen, wenn es nötig wäre.
Fazit:
Produkte und Unternehmen, die man kennt und liebt, sind ein toller Einstieg in die Welt der Aktien. Doch die Geschichte von Bayer zeigt: Emotionen dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Egal, wie stark die Verbindung ist – am Ende zählen die Zahlen und eine klare Strategie. Panikverkäufe bringen nichts, außer Verluste zu realisieren. Ein Portfolio sollte wie ein Baum sein: mit starken Wurzeln, aber auch breit gefächerten Ästen, die das Risiko verteilen.